Der Fall des deutschen Handballs

Der deutsche Handball hat es in diesen Tagen nicht gerade leicht. Einerseits floriert die deutsche Handball-Bundesliga – wirtschaftlich als auch sportlich. Mit Hamburg und Flensburg stellt man die letzten zwei Gewinner der EHF-Championsleague und auch das Saisonfinale zwischen dem THW Kiel und den Rhein-Neckar-Löwen sorgte deutschlandweit und auch sportartenübergreifend für Aufmerksamkeit.

Andererseits jedoch stagniert es im deutschen Handball. Die deutsche Nationalmannschaft hat erst vor Kurzem die Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2015 in Katar verpasst. Wieder einmal, es ist das dritte große Turnier innerhalb weniger Jahre. Martin Heuberger, bei seinem Amtsantritt noch gefeierter Lehrling von Großmeister Heiner Brand, ist nicht mehr tragbar und wurde gefeuert. Die Suche nach einem Nachfolger, der die deutsche Handballnationalmannschaft wieder salonfähig machen soll, gestaltet sich zu einer Mammutaufgabe.Der neue Trainer MUSS sofortigen Erfolg mit sich bringen. Er MUSS das Team wachrütteln, umbauen, wieder aufbauen. Nicht einfach, und schon gar nicht attraktiv – kann man doch so viel falsch machen.

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Falsch machen – ein gutes Stichwort für den deutschen Handball dieser Tage. Viel falsch gemacht hat in den letzten Jahren auch der HSV Hamburg. Jahrelang war der Nordclub eine Spitzenaddresse im deutschen Handball. Deutscher Meister, Championsleague-Sieger 2013. Ein Jahr später melden die Hamburger Insolvenz ein. Lizenzentzug, Zwangsabstieg in Liga Drei. Nichts da! Zweimal wurde den Hamburgern die Lizenz verweigert, der Abstieg war sicher. Balingen, sportlich eigentlich abgestiegen, plante für die erste Liga. Nur um am gestrigen Mittwochabend einen “absoluten Schlag ins Gesicht” (HBW-Geschäftsführer Bernd Karrer) zu bekommen.

In dritter und letzter Instanz wurde dem HSV die Lizenz für die nächste Saison erteilt, natürlich unter Auflagen. Dennoch, dem jahrelangen Fehlwirtschaften, dem Leben über den eigenen Verhältnissen wird stattgegeben und Vereine wie Balingen-Weilstetten, die mit ihrem kleinen Budget solide wirtschaften, denen wird zur Bestrafung der Abstieg aufgebrummt. Karrer versteht diese Entscheidung nicht: “Die Glaubwürdigkeit des deutschen Handballs leidet unheimlich darunter.” Unseriösem Wirtschaften würde durch das Urteil “Tür und Tor geöffnet”.

Natürlich verliert man nur ungern einen Spitzenklub aus der eigenen Liga und vielleicht hätte durch den Zwangsabstieg auch die sportliche Wettbewerbsfähigkeit etwas gelitten. Doch was jetzt passiert ist, ist eine Farce. Die Entscheidung des Schiedsgerichtes ist definitiv nicht tragbar. Man hätte ein Ausrufezeichen setzen können. Man hätte die Vereine belohnen können, die mit ihren beschränkten Mitteln dennoch ein wettbewerbsfähiges Team zusammen stellen können. Man hätte den ersten Schritt in die richtige Richtung gehen können – raus aus dem Sumpf, in dem der deutsche Handball zur Zeit steckt. Man hätte den Fall des deutschen Handballs stoppen können.

Doch man hat es nicht getan. Irgendwie passt das ganze Verfahren zur Darstellung des deutschen Handballs in den letzten Wochen. Nun geht der Fall des deutschen Handballs weiter. Keiner weiß, wie tief es noch geht. Traurig, aber wahr.

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